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Lebensversicherung kündigen oder beleihen?
Neuregelung der Beteiligung an Bewertungsreserven ändert nichts an grundsätzlicher Einordnung
1. Hintergrund der geplanten Änderung der Beteiligung von Versicherungsnehmern an den Bewertungsreserven
Aktuell schlägt die geplante Neuregelung der Beteiligung der Versicherten an den Bewertungsreserven große Wellen. Nach der bisherigen Regelung, die seit 2008 durch die Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) eingeführt wurde, müssen Versicherungsnehmer zu 50 Prozent an den Bewertungsreserven beteiligt werden. Bewertungsreserven entstehen, wenn Marktwerte über den Buchwerten der jeweiligen Assets liegen. Zum Verständnis, wenn ein Versicherer eine Anleihe zu einem bestimmten Kurs kauft, sagen wir zu 98 Prozent und der Marktwert steigt auf 108 Prozent, dann entstehen in diesem Fall 10 Prozent Bewertungsreserven. Von diesen müsste der Versicherer nach bisheriger Rechtslage die Hälfte an Kunden ausschütten, die ihre Police vorzeitig auflösen oder deren Vertrag ausläuft. Die Versicherer haben nun das Problem, dass die Kurse festverzinslicher Wertpapiere enorm gestiegen sind. Dies gilt vor allem für Staatsanleihen erstklassiger Schuldner wie der Bundesrepublik Deutschland. So liegen die Marktkurse für eine Anleihe die bis 2017 läuft bei 112,28 Prozent. Ist die Versicherung verpflichtet diesen Marktkurs für die Bewertung zugrunde zu legen, fallen also enorme Gewinne an. Da die Versicherer solche festverzinslichen Wertpapiere jedoch in aller Regel bei Ausgabe erwerben und bis zur Fälligkeit halten, stehen diese Gewinne nur in den Büchern. Um ihren Verpflichtungen nachzukommen, müssten daher diese Buchgewinne realisiert werden. Gegen Gewinne hat natürlich niemand etwas, auch die Versicherer nicht. Aber diese Gewinne sind schlicht und ergreifend Momentaufnahmen, neu anzulegende Gelder würden dagegen wesentlich weniger Renditen abwerfen. Damit würde die Versichertengemeinschaft insgesamt schlechter dastehen, argumentieren die Versicherer.
2. Töpfe, wohin man schaut
Die Versicherungswirtschaft macht es sich wieder einfach, zu einfach meinen die Experten um den Versicherungsfachmann Axel Kleinlein, Chef des Bundes der Versicherten. Denn die Versicherer haben bereits in den vergangenen Jahren jede Menge Töpfe aus den verschiedenen Überschussbereichen befüllt. So gibt es die Töpfe für laufende Überschüsse, Schlussüberschüsse, Kostengewinnen, Zinszusatzreserve, Rücklage für Beitragsrückerstattung etc. Dabei werden laufende Gewinne in bestimmte definierte Töpfe gelegt, von denen der Versicherte nur in vollem Umfang partizipiert, wenn der Vertrag abläuft. Nun sollen die Bewertungsreserven zum Teil dazu genutzt werden, um Zinsverpflichtungen des Versicherers erfüllen zu können. Das ist eigentlich Aufgabe des Versicherers und nicht der Versichertengemeinschaft.
3. Fazit, nicht kirre machen lassen
Diese Kritik am Vorgehen der Versicherer ist zum Teil berechtigt, allerdings war eine Beteiligung an Bewertungsreserven in bis 2008 gesetzlich gar nicht vorgesehen und wurden durch Rechtsprechung und die Novellierung des VVG im Jahre 2008 auch auf die Altverträge ausgedehnt. Zudem nützt es auch der Versichertengemeinschaft, wenn langfristige Anlagen nicht wegen Marktschwankungen kurzfristig realisiert werden müssen. Der Branchenverband Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GdV) betont, dass aus der jetzigen Änderung der Beteiligung der Bewertungsreserven kein Euro an die Versicherer fließt, sondern ausschließlich der Versichertengemeinschaft zusteht. Die Auswirkungen auf die einzelnen Verträge lassen sich nur schlecht pauschal vorhersagen. Ganz grundsätzlich kann man aber vermuten, dass sich die Rückkaufswerte und Ablaufleistungen aktuell vermindern. Von der Änderung betroffen sind auch ausschließlich Bewertungsreserven, die auf festverzinsliche Wertpapiere entfallen. Bewertungsreserven auf Immobilien oder Aktien bleiben unberührt. Eine Lebensversicherung jetzt wegen der geplanten Änderung der Beteiligung an den Bewertungsreserven zu kündigen wäre Selbstmord aus Angst vor dem Tod. Bei der vorzeitigen Kündigung fallen praktisch immer ganz erhebliche Verluste an, die Bewertungsreserven spielen da nur eine geringe Rolle. Auch deshalb gilt für die Altersvorsorge nach wie vor: Durchhalten ist der beste Schutz vor Verlusten.
Wer vor Ablauf Geld benötigt, sollte die Kapitallebens- oder private Rentenpolice beleihen. So lassen sich die ganzen Töpfe retten und man selbst profitiert von den Schlussüberschüssen und diversen anderen „Rückstellungen“.
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Autor: Ulf Spielmann
- Links:
https://www.boerse-stuttgart.de/rd/de/anleihen/factsheet?ID_NOTATION=16116258
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